Der polynesische Erdofen

29. April 2024

Wir liegen am abgelegenen Strand Hana Iti vor Anker. Hierhin kommt man nur zu Fuss oder mit einem Schiff. Dementsprechend hat es wenige Besucher am Strand. Siki, ein pensionierter Pilot, der für die französische Armee gearbeitet hat, sitzt hier jeden Tag in seinem selbstgebauten Unterstand. Er säubert und pflegt den Strand, stellt aus Muscheln und Kernen Schmuck her. Jeden Morgen fährt er mit seinem Va‘a, einem traditionellen polynesischen Auslegerkanu von seinem Haus zum Strand.

Wir unterhalten uns lange über das Mana. Siki lädt uns ein, am Montag um 09:00 Uhr an den Strand zu kommen. Er möchte uns zeigen wie wir traditionell Kokosnussbrot backen können. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Dafür ankern wir extra noch eine Nacht länger in dieser schönen Bucht und gehen am Sonntag statt mit dem Schiff mit dem Dinghy in die Avea Baje wo wir im Restaurant chez Tara ein traditionelles polynesisches Buffet geniessen wollen.

Der Wind bläst uns auf die Nase. Die Wellen sind hoch. Wir werden ziemlich nass. Wir sind kurz davor aufzugeben und uns mit der Strömung zurück zum Schiff treiben zu lassen. Doch wir kämpfen weiter gegen den Wind an und erreichen ziemlich durchnässt die Avea Baye. Wir freuen uns darauf, bald am Dock zu sein.

„Excuse-nous!“, hören wir vier Personen von einem Charter Katamaran rufen und sehen wie sie uns zu sich heran winken. Wir zögern kurz, denn um 11 Uhr beginnen sie im Restaurant chez Tara den traditionellen Erdofen zu öffnen und die Gerichte herauszuholen. Das wollen wir eigentlich auf keinen Fall verpassen.

Doch wir nähern uns den Hilfesuchenden. „L'autre jour, notre annexe (dinghy) est tombée en panne. Pourriez-vous nous emmener au quai des dinghy ?“ Das schöne an der Seglercommunity ist, dass wir alle einander helfen und uns gegenseitig unterstützen. So fahre ich nachdem ich Adi, Sophia und Ronja abgeladen habe zurück zu ihrem Schiff und hole die Crew ab.

Das Buffet ist sehr reich und voller traditionellen Köstlichkeiten aus dem Erdofen.

Eine alte Tradition der Polynesier ist die Zubereitung der Speisen im Erdofen. Dabei wird eine Erdmulde ausgehoben und mit erhitzten Steinen ausgelegt. Darauf werden die in Bananen- oder Puraublätter gewickelten Speisen gelegt.

Je nach Garzeit muss eine Reihenfolge von oben nach unten eingehalten werden. Zuerst kommen die Knollenfrüchte, dann Fleisch und Fisch und ganz oben Gemüse. Die Speisen werden mit Palmwedel und Matten abgedeckt und müssen mehrere Stunden garen.

Dazu spielen und singen Musiker traditionelle polynesische Lieder. Immer wieder stürzen Sintflutartige Regengüsse vom Himmel. An die mindestens 30 min.Rückkehr mit dem Dinghy zu unserem Schiff ist momentan nicht zu denken. So sitzen wir gemütlich mit der Crew zusammen welche wir mit dem Dinghy mitgenommen haben und schauen zu, wie die anderen Gäste zu der Musik tanzen.

Inzwischen wurde das defekte Dinghy von der Charterfirma durch ein neues Dinghy ersetzt.

Als es am Himmel endlich etwas heller wird, wagen wir es. Kurz vor dem Erreichen unseres Schiffes entleert sich der Himmel ein weiteres Mal und wir erreichen unser Schiff tropfnass. Das ist einer der ganz wenigen Momente in den letzten neun Monaten in welchen wir kurz kalt haben.

Martina Greiner