Passage Hiva Oa - Raroia

Donnerstag 29. Februar 2024 

Bevor wir losfahren können, docken wir noch am Pier an, um mit dem Wasserschlauch unsere Wassertanks zu füllen. Insgesamt haben 700 L Platz. Wir schrubben auch gleich noch das Deck ab. Ganz zum Schluss ziehen wir das Dingy hoch nachdem wir den Motor abgeschraubt haben, da es sonst zu schwer ist. 

12:30 Und dann ist es soweit. Nach 3.5 Monaten auf den Marquesasinseln verabschieden wir uns.

Wir werden vier Tage auf See sein. Unser Ziel ist Raroia, ein kleines Atoll auf den Tuamotus. Vor uns sind SV Delos und SV VA unterwegs. Eigentlich war ihr Plan, heute ein paar Tage nach Fatu Hiva zu segeln und mitte nächste Woche nach Raroia zu fahren. Doch da der Wind mitte nächster Woche abflaut, entscheiden sie, direkt auf die Tuamotus zu segeln. Hinter uns starten ein paar Stunden später SV Silvya (Kidsboat aus Belgien) und SV Pennyless (Kidsboat aus Dänemark).  

Am Mittag essen wir Humus mit Brot. Am Abend gibt es Curry mit Bohnen. Wir starten den Wassermacher für Trinkwasser. In der Bucht war die Benutzung nicht möglich, da das Wasser sehr trüb und wegen der vielen Schiffe auch verunreinigt war.

Wir rauschen im Mondschein unter einem gigantischen Sternenhimmel durch den Südpazifik. Ich geniesse die Ruhe ganz alleine im Cockpit mitten im Pazifik. Die Familie schläft. Adi und ich wechseln uns in 3 h Schichten mit der Nachtwache ab. Meine Lieblingsschicht ist von 4-7 Uhr, weil dann die Dämmerung einsetzt und die Sonne aufgeht. Da liegt besonders viel Magie im Universum. 

 2.Tag

Sophia und Ronja haben sehr gut bis um 09.00 Uhr geschlafen. Wir essen Flammkuchen zum Mittagessen. Es ist sehr gemütlich. Adi und Sophia dösen im Cockpit und Ronja liest. Plötzlich piepst der Motor. Die Öllampe leuchtet rot auf! Adi öffnet den Motorraum und flucht. Überall ist verspritztes Öl. Die Ölleitung, welche Viri, unser befreundeter Mechaniker aus der Werft gelötet hat, ist erneut gebrochen. Ui. 145 sm von 440 sm haben wir erst zurückgelegt. Am Horizont hinter uns entdecken wir ein Schiff. Auf dem AIS erkennen wir, dass es unsere Freunde Jan mit seinen Kindern Lauren und Liam auf der SV Silvja sind. Wir funken zusammen, Jan und Adi tauschen sich über Epoxi aus, mit welchem Adi das Leck flicken will. Er fährt ganz dicht an uns heran, um gegenseitig schöne Fotos machen zu können. Ronja hilft Adi beim Anmischen des Epoxi Flüssigmetalles während ich Kurs halte. Nach der  Trocknungszeit startet Adi den Motor. Es tropft nicht. Über Funk informieren wir Jan, dass Adi den Motor geflickt hat. 

Am Abend essen wir Rösti mit Spiegelei. Der Wind lässt der nach, wir segeln nur 2.8 kn (2,8 Seemeilen pro Stunde) so kommen wir nie auf den Tuamotus an. Zum Glück ist auf die Windrichtung Verlass. Der Passatwind bläst die kommenden Tage konstant aus Osten. Sophia muss sich am Abend übergeben. Früher wurde sie sehr oft seekrank. Das ist zum Glück nun vorbei. Sie geniesst die Überfahrt sehr. 

Ronja geht es hervorragend. Sie ist wie geschaffen für Passagen. Sie verschlingt ein Buch nach dem anderen aus der Onleihe der Kornhausbibliothek Bern auf ihrem Tolino. Sie bereitet für uns alle das von ihr und mir vorgekochte Essen zu, macht Zitronade zum Trinken, hilft beim Segel setzen, reffen und Trimmen, sie ist eine sehr grosse Hilfe. Während ich am Schlafen bin, startet Adi den Motor, um unter Motor weiterzusegeln. Und ich wache auf, weil er flucht. Erneut ist die Ölleitung undicht. Und dies bei diesem schwachen Wind. Per Funk ruft uns SV (Sailingvessel) Pennyless an, unsere Freunde aus Dänemark. Sie befinden sich 2,5 sm hinter (achtern) uns. Wir informieren sie, dass wir erneut ein Problem mit dem Motor haben. Da sie mit Motor fahren überholen sie uns sehr rasch. Ich schaue ihrem Navigationslicht in der Dunkelheit hinterher und sehe es allmählich am Horizont verschwinden. Bis bald auf Raroia Freunde.

 

3.Tag 

In der Nacht ziehen ein paar Squals vorüber.  Ich wecke Adi. Der Wind steigt in sekundenschnelle an und oft regnet es dazu. Wir reffen die Genua und später auch noch das Grosssegel. Wir haben Böen bis zu 30 kn, der Himmel ist bedeckt und überall lauert der nächste Squal. Bei Morgendämmerung geht Adi ins Bett und ich reffe die Genua sobald ich sehe, dass ein Squal kommt und rolle sie anschliessend wieder aus. Wir halten den Kurs mit Autopilot und/oder nur mit der Windvane. Denn gelegentlich hat der Autopilot leider trotz Reperatur in der Werft immer noch seine Aussetzer. Zum Glück ist unser Schiff so renundant. Geht der Autopilot nicht, haben wir immer noch die Windvane, lädt das Solarpanel nicht, weil der Himmel bewölkt ist, haben wir immer noch den Windgenerator. Dummerweise hat unser Katamaran aber nur einen Motor, nicht wie sonst bei Katamaranen üblich zwei. Um 9 Uhr haben wir die Hälfte der 440 sm geschafft. Zum Glück kommt mit den Squals der Wind zurück und bleibt auch als sich das Wetter am Nachmittag aufhellt. Zum Mittagessen essen wir griechischen Salat. 

Anschliessend beginnt Adi erneut mit der Reparatur. Ronja hilft ihm. Sie kann das besser und ruhiger als ich. Ich ertrage Adi nicht so gut, wenn er so viel über unser Schiff flucht und mir zum gefühlt 1000. Mal in Erinnerung ruft, dass er bereits im Oktober das Schiff wieder verkaufen und ein grösseres kaufen wollte. Ich war damals zu erschöpft und hatte keine Energie, den ganzen Prozess inkl. Papierkram erneut durchzustehen und zudem steckte unser Geld ja immer noch in unserer Vaan in Holland. Glücklicherweise haben wir die Vaan Ende Januar 2024 definitiv verkauft, was einerseits eine grosse Erleichterung ist und andererseits fühlte sich der definitive Verkauf sehr schmerzhaft an. Ich verstehe Adi sehr gut, dass er sich ärgert, dass er lieber ein grösseres und komfortableres Schiff hätte, welches ihm ermöglichen würde, konzentriert arbeiten zu können und nicht immer wieder verenkt im Motorraum etwas flicken müsste.  So ist es sehr viel besser, dass Ronja assistiert und gleichzeitig von Adi so viel lernen kann. 

Am Nachmittag wird das Wetter wider Erwarten sehr sonnig. Das tut dem Gemüt gut. Über Iridium, das Satellitentelefon laden wir die neusten Wetterkarten aufs Iphone. Es sieht gut aus. Wir haben wirklich ein perfektes Wetterfenster. Und es bleibt sonnig was in Anbetracht unserer Batterien sehr hilfreich ist. Am Abend essen wir sehr leckere Tacos. Der Wind bläst sehr angenehm zwischen 12 bis 18 Knoten und wir fahren durchschnittlich angenehme 5 Knoten. Am Abend übernehme ich die erste Schicht. Sophia und Ronja bleiben bei mir im Cockpit. Wir führen sehr schöne Gespräche, bestaunen gemeinsam den gigantischen Sternenhimmel. Wir sind alle sehr glücklich hier. „Die Tage vergehen so schnell“, sagt Sophia. Ja auch mir geht es zu schnell vorbei. Ich könnte gerne noch mehr Tage so weitersegeln. Mir gefällt dieser Rhythmus. Es ist ein sehr schönes Gefühl als Familie im selben Boot zu sitzen. Das Blau des Wassers ist bezaubernd, wenn die Sonne hoch oben am Himmel steht. 360 Grad pure Schönheit. Da wir einen Kurs von 195 Grad fahren geht jeden morgen die Sonne auf Backbord auf und auf Steuerbord unter. Mir gefällt dieser Rhythmus. 

Auch die Nachtschichten ganz alleine im Cockpit gefallen mir sehr gut. Es ist ein wundervolles Gefühl unter dem Sternenzelt durch das Wasser zu gleiten. Es ist so ruhig und ich fühle mich mit dem Universum verbunden. Obwohl wir so weit weg von allen und allem sind, fühle ich mich geborgen und sicher.

4.Tag

Am Sonntagmorgen übernehme ich um 7 Uhr. Ronja ist auch schon da. Wir verbringen einen gemütlichen Morgen. Sie überwacht den Autopiloten und hält gelegentlich Ausschau. Ich bereite in der Küche das Mittagessen vor und koche vor fürs Abendessen. Am Mittag essen wir Reissalat. Es ist wunderschönstes Wetter und der Wind bläst weiterhin aus konstanter Ostrichtung in angenehmen 12-17 kn. Adi und Ronja bauen die Ölleitung wieder ein. Später am Nachmittag überprüfen sie, ob es hält und starten den Motor. Es hält. Morgen testen wir erneut. Langsam taucht auf Navionics Land auf.

Die Atolle sind etwas schwer zu erreichen. Jedes Atoll hat einen sogenannten Pass. Durch dessen Öffnung kann man mit der Strömung hinein- und hinausfahren. Man muss jedoch sehr genau über die Gezeiten Bescheid wissen und die aktuellen Gezeitenberechnungen haben. SV Delos und SV VA sind heute morgen durch den Pass und haben uns eine Whatsapp Nachricht geschickt. Es treiben Teile einer unterirdischen Perlzucht im Wasser und sie haben uns einen Link geschickt, in welchem man die Korallenstöcke gut erkennen kann. 

Wir haben heute zum ersten Mal seit zwei Tagen Starlink eingeschaltet. Es benötigt viel Strom. Da wir keinen Motor haben, um die Batterien aufzuladen, müssen wir sparsam sein. SV Silvya ist auch heute Morgen durch den Pass gefahren und hat uns ihren Track geschickt, so können wir einfach ihrem Weg durch die Korallenstöcke folgen. Ronja hat etwas Respekt vor dem Ankern in den Korallenstöcken. Sie hat im November auf den Tuamotus jeweils nur zugeschaut. Wir müssen zusätzlich noch Fender an Seilen/Karabinern an der Ankerkette festmachen welche die Kette nach oben ziehen, damit sich die Kette nicht um die Korallenstöcke schlingen und verhedern kann. Pennyless fährt am Nachmittag durch den Pass. Am Abend essen wir Pesto mit Pasta. Sophia und Ronja entscheiden erneut, dass sie bei mir im Cockpit sein wollen. Ich geniesse diese Abende mit unseren zwei grossen Mädchen sehr. Was habe ich für ein Glück. So viel geschenkte Zeit, um meinen Töchtern zuzuschauen, wie sie aus Kindern junge Frauen werden, wie sie selbständig werden, wie sie über sich selbst hinauswachsen.

 5.Tag

01.37 Ich komme nach 3 h Schlaf hinaus ins Cockpit um die Schicht zu übernehmen und sehe Lichter. Land in Sicht. Raroia. Der erste schwache Telekommunikations Antennenaufbau erscheint. Noch zu wenig um Whatsapp zu erhalten oder zu senden. Es sind noch 16 Seemeilen bis zum Pass. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 4.2 Knoten sind wir in 3.75 h beim Pass. Wir warten dann ca. 3 h, bis wir den Pass befahren können.

02:10 Whatsapp kommen herein.

04:18 Die Navigationsgeräte schalten aus, da unsere Batterien leer sind. Auf unserem Ipad nutzen wir Navionics und navigieren problemlos damit. Zudem geht sehr bald die Sonne auf. Anstelle des Autopiloten halten wir den Kurs erneut mit der Windvane oder ich steure von Hand. Ein bezaubernder Morgen bricht an. Das Meer ist ganz ruhig. Ich fühle mich unendlich glücklich.

05.15 Adi kommt hinaus ins Cockpit. Die Sonne geht über dem Atoll Raroia auf. Wir umarmen uns. Wir haben es geschafft. Was für eine magische Überfahrt.

06:23 Leider verliert der Motor erneut Öl als wir ihn starten. Wir müssen also ohne Motor durch den Pass. Auf dem AIS lesen wir den Namen des Schiffes, welches ebenfalls auf den Pass zufährt. RIDE ON. „Ride on, Ride on, Ride on, this is Beyond“ funken wir. Wir informieren die Segler auf Ride on, dass wir keinen Motor haben. Wir erkundigen uns, wann sie vorhaben, durch den Pass zu fahren. Sie planen gleich zu fahren, da es sehr wenig Strömung hat und der Pass sehr einfach zu durchqueren sei. Wir fragen sie, ob sie uns ziehen könnten. Da ihr Motor aber zu wenig stark ist, funktioniert das nicht. Wir bitten sie noch etwas zu warten, damit wir hinter ihnen durch den Pass fahren können. Wir füllen Öl nach und stellen einen leeren  Jogurtbecher unter die tropfende Ölleitung. Während wir durch den Pass motoren, fülle ich den Motor immer wieder mit dem Öl auf, das hinaustropft. Es geht geschmeidig, die Strömung ist sehr gering und wir sind schnell durch den Pass. Wir stellen den Motor ab und segeln zum nahen Dörfchen, wo wir unseren Anker in türkisblauem Wasser setzen.

Juhuiiii, Tuamotus da sind wir!

Martina Greiner

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Atoll Raroia

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