Raroia

Kaum haben wir geankert lösen wir die Leinen des Dingys und führen es ins Wasser. Mit dem Seilzug bringen wir den Aussenborder zurück aufs Dingy. Inzwischen sind die Arbeitsabläufe bereits ganz gut eingespielt und wir sind recht schnell. Schon sitzen wir alle vier auf dem Dingy und fahren an Land. Gleich die erste Person, Kali, welche wir antreffen, kann uns jemanden organisieren, der am Nachmittag auf unser Schiff kommen wird, um sich die defekte Ölleitung anzusehen. Auf der Gemeinde fragen wir, ob wir für die Reperaturarbeiten im Hafen anlegen dürfen. Im kleinen Laden bei Gerard besorgen wir uns Motorenöl und lauschen seinen spannenden Geschichten. Sein Laden ist sehr klein, hat aber alles Nötige. Ich liebe solche Läden sehr. „Eigentlich ist es ja auch spannend, was wir wegen den anstehenden Reperaturarbeiten bereits wieder alles für Menschen getroffen haben. Hätten wir keine defekte Ölleitung wären wir jetzt ja bereits bei den anderen Kidsboats 10 Meilen nördlich von hier“, meint Ronja und Sophia und ich pflichten ihr bei. Es freut mich sehr, können sich unsere Kinder so gut an die Umstände anpassen und das beste aus der Situation machen. Der Ort ist sehr spannend. Knapp 200 Menschen leben hier. 14 Kinder im Alter von 3-11 Jahren besuchen bei Lehrer Jean Jacques in einer gemischten Klasse den Unterricht. Es gibt eine Kirche, eine Gemeindeverwaltung mit Cyclon Schutzraum für alle Einwohner und Segler, eine Post und einen Flughafen.

Philippe der Mechaniker der Gemeinde fährt um kurz nach elf Uhr auf seinem Elektrovelo vor. Er sieht sich die Ölleitung an und sagt, er werde sich etwas überlegen und nach passendem Material suchen. Erica und Warren von We Sail werden übermorgen Tom hierher fahren, da er mit dem Flugzeug nach Papeete und weiter nach Kolumbien fliegen wird. Sie bieten uns an, Material wie einen Messing Brenner, Lötdraht und Flüssigmetall von anderen Schiffen im Norden des Atolls zu uns zu bringen. 

Am Dienstag bringt Philippe Anschlussösen für unsere Ölleitung, welche er in seiner Werkstatt gefunden hat. Am Nachmittag fährt Lani auf ihrem Elektrovelo bei uns vorbei. Sie zeigt uns ihre Muscheln und fragt uns, ob wir welche kaufen möchten. Am späten Nachmittag spazieren Ronja und ich zum Flughafen. Anschliessend essen wir bei Kali Abendessen. Er ist ein Fischer und bietet Gästen die Möglichkeit, bei ihm Fisch und Krabben zu essen. Ein anderes Restaurant gibt es nicht. Kali und seine Mutter erzählen uns über die Schule hier. Sein Sohn Manutea ist 9 Jahre alt und wird im August auf die Nachbarinsel Makemo in die Schule gehen. Er wird jeweils während 6 Wochen im Internat leben und in den Ferien zurückfliegen. Manutea freut sich nicht wirklich. Er würde viel lieber bei seiner Familie bleiben. Das Programm Knet, welches viele französische Seglerfamilien für ihren Homeschooling Unterricht benutzen, kann man hier leider nur bei triftigen Gründen, wie z.B. Krankheit, nutzen. Viele Familien verlassen die Insel sobald ihr ältestes Kind nach Makemo oder nach Tahiti in die Schule gehen muss. 

Am Mittwochvormittag kommt VA mit Material zum Flicken. Adi und Ronja gehen damit zu Philippe in die Werkstatt und Sophia und ich begleiten Tom und Warren an den Flughafen. Jeden Mittwoch landet ein Flugzeug. Der direkte Flug nach Papeete dauert 2 h. Auf dem Hinflug viel länger, da noch andere Inseln angeflogen werden. Wir lernen Tiratu und Hurirau, zwei Frauen kennen, die Kühltruhen voller Fisch per Fret nach Tahiti schicken. Ihre Mütter holen die filetierten Fische am Flughafen ab und verteilen sie an Restaurants in Papeete.

Am Mittag kommt Lani und bringt uns zwei bestellte Krabben. Wir essen sie mit einer Mayonnaise- und einer Olivenöl Knoblauchsauce. So fantastisch lecker!

Am schulfreien Nachmittag kommen die Kinder vom Dorf zu uns in den Hafen. Ich bereite ihnen zwei grosse Schüsseln Popcorn zu und dazu spielen die Kinder Uno. Später gehen die Kinder zwei Stunden zusammen Fussball spielen. 

Am Donnerstag werden wir von Tiratu und Hurirau mit ihrem Boot abgeholt. Unterwegs zu ihrem Motu fischen wir kurz mit Nylon aber es beisst kein Fisch an und es ist sehr heiss. Auf ihrem Motu stehen drei kleine Häuschen. In einem wohnen sie, eines ist für die Toilette/ den Generator und das Dritte dient dem Fischen. 

Tiratu ist 32 Jahre alt und Hurirau 26 Jahre alt. Tirataus Eltern haben früher auf diesem Motu eine Perlenfarm betrieben. Beide lebten bis vor zwei Jahren in Tahiti. Hururau ist auf Taa aufgewachsen. Sie fischen jeden Tag, filetieren die gefangenen Fische und verdienen ihr Geld mit dem Verkauf an die Restaurants. Harirau bereitet ein leckeres Poisson cru für uns zu. Tiratau zeigt Adi wie sie mit dem Dreizack nach Fischen jagt, Adi versucht es ebenso. Sophia und Ronja wollen unbedingt um 15:30 Uhr zurück bei unserem Schiff sein, da sie sich mit den Schulkindern verabredet haben. Zurück auf unserem Schiff laden wir sie zum Abendessen ein. Ich zeige ihnen wie wir mit dem Kürbis Suppe zubereiten. Als Geschenk habe ich ihnen heute Morgen Früchte, Ingwer, Tomaten und Kürbis geschenkt. Sie wussten jedoch nicht wie sie den Kürbis verwenden können. Philippe taucht auch noch auf. Wir nehmen unsere Gitarre hervor und singen bis spät in die Nacht hinein Lieder. 

Die Kinder und auch wir Eltern wollen gar nicht mehr weg von diesem Ort, so gut gefällt es uns hier und so viele schöne Kontakte konnten wir knüpfen.  

Am Freitag morgen dürfen wir die Schule besuchen. Eine Lektion setzen sich Sophia und Ronja zu einer Gruppe an den Tisch. Sie lesen eine Geschichte in Französisch, Englisch und Tahitianisch über eine Schildkröte und Umweltverschmutzung und beantworten dazu Fragen auf einem Blatt. Der Lehrer Jean Jacques unterrichtet hier seit 20 Jahren und alle Eltern der jetzigen Schüler waren seine Schüler. Er arbeitet in drei Gruppen. Mit den Kleinsten arbeitet er momentan am Wortschatz zu einer Geschichte, eine dritte Gruppe konjugiert Verben. Als Geschenk bringen wir den Schülern Obst aus den Marquesas, das sie sehr schätzen. 

Wir verabschieden uns von den Schülern und dem Lehrer und versprechen, dass wir nochmals kommen bevor wir weiter Richtung Makemo und Fakarava segeln werden.

Dann legen wir ab und fahren 11 Seemeilen nordwärts zu unseren Freunden. Um 15 Uhr haben sich alle Boote am Strand zu einem Barbeque verabredet. Türkisblaues Wasser, pure Natur, Stille, Palmenstrände…

Wir sind im Paradies angekommen und werden die nächsten zwei Wochen hier bleiben. Die Kinder geniessen es sehr mit all ihren Freunden aus Belgien, Dänemark, Amerika und Deutschland zu baden und zu spielen. 

Martina Greiner