Tropisches Tiefdruckgebiet
Wir haben uns entschieden, vor Ort nach einer Bleibe zu suchen. Die Suche nach der passenden Unterkunft im Internet stellt sich jeweils als grosse Herausforderung heraus. In dem riesigen Angebot kann man zu leicht verloren gehen. Zudem hört man auf den verschiedenen Platformen wie Booking.com und AirBnB möglichen Lärm von benachbarten Baustellen nicht, man riecht keine üblen Gerüche und man kann nie ganz sicher sein, ob die Bilder wirklich der Wahrheit entsprechen. Deshalb haben wir seit Bali eine neue Taktik, die sich für uns auszahlt. Wir buchen für die ersten zwei bis drei Nächte und nutzen den ersten Tag, verschiedene Wohnungen, die in die engere Auswahl gekommen sind, anzuschauen. Oft erhalten wir vor Ort auch einen besseren Preis als über eine der Plattformen.
Sophia, Ronja und ich haben einen spannenden Tag mit Hotel- und Wohnungsbesichtigungen. Es ist sehr interessant, die verschiedenen Hotels von Innen zu sehen, die Preise und das Angebot zu vergleichen. Wir schlafen eine Nacht darüber und entscheiden uns dann für eine 1,5 Zimmer Wohnung im 9. Stock eines Hotels mit Blick auf das Südchinesische Meer.
Als ich am 18.9.2024 frühmorgens Deutschunterricht erteile, prasselt Draussen Sintfluartig Regen nieder. Erst Anfang September wütete der Taifun „Yagi“ über Nordvietnam. Mit verheerenden Folgen. Die chinesische Wetterbehörde stufte den Sturm als den stärksten Herbsttaifun ein, der seit 1949 auf das chinesische Festland getroffen sei. Das Nationale Zentrum für hydrometeorologische Vorhersagen in Vietnam wertete "Yagi" als stärksten Sturm seit 30 Jahren. Die Wetterprognosen verheissen nichts Gutes. Ein tropisches Tiefdruckgebiet nähert sich Vietnam mit Kurs auf Da Nang. Ich bin froh, beobachte ich diesen Sturm auf Predict Wind nicht von unserem Segelschiff aus. Da fühle ich mich hier in Danang um einiges sicherer. Eigentlich haben wir für morgen mit Seglerfreunden, welche wir auf den Marquesas Inseln kennengelernt haben, in Hoian abgemacht, doch ich vermute relativ schnell, dass dies nicht möglich sein wird. Ich wecke Sophia und Ronja und wir checken früher als geplant aus dem Hotel aus. Wir öffnen die Türe, um auf die Strasse zu gelangen und werden vom Wind beinahe umgefegt. Dies inmitten von hohen Häusern. Der Regen stürzt wie ein Wasserfall vom Himmel. Wir bestellen bei Grab (einer App für Taxi, Essen, Einkaufen etc.) ein Auto. Bis unser schweres Gepäck im Kofferraum verstaut ist, ist der Fahrer durchnässt. Wir biegen auf die Küstenstrasse zu und sind heilfroh, bereits jetzt am frühen Morgen unterwegs zu sein. Der Wind peitscht. Wer weiss, ob die Strassen den ganzen Tag offen sein werden. Möglicherweise kommt es wegen Überschwemmungen oder herumfliegenden Gegenständen zu Sperrungen. Als wir bei unserem neuen Hotel ankommen, helfe ich mit, die Taschen auszupacken. Tropfnass komme ich in die Hotellobby. Dort werden wir herzlichst Willkommen geheissen. Unser Zimmer wird gleich fertig geputzt und zu unserem Check- In bereit sein. Wir erhalten ein Upgrade und geniessen unsere schöne Wohnung sehr. Wir schauen aus dem 9. Stock zu, wie die Mitarbeiter alle Schirme, Liegestühle und Tische anbinden, damit sie nicht vom Sturm weggefegt werden. Zwischendurch heulen die Sirenen der Feuerwehr. Die Strasse nach Hoian ist gesperrt. Meine Vermutung war richtig. An ein Treffen mit unseren Seglerfreunden ist momentan nicht zu denken.
Das tropische Tiefdruckgebiet entwickelt sich am 19.9.2024 zu einem Taifun. Dem 4. in der Saison 2024 der auf Vietnam trifft. Der Taifun verändert seinen Kurs nordwestlich und verschont Da Nang. Es wird erzählt, dass seit 2010 die 67 Meter hohe Bodhisattva-Statue Linh Ung Pagoda auf der Son Tra Halbinsel gebaut wurde, Da Nang von Taifunen verschont wird. Ich hoffe das Beste für den von Leid geplagten Norden Vietnams. Nach wie vor regnet es stark. Die Wetterprognosen prophezeien, dass der Regen gegen 11 Uhr nachlässt. Die Strasse nach Hoi an ist wieder geöffnet und wir verabreden uns nach dem Mittagessen mit unseren Freunden in Hoi an.
Martina, 19.09.2024